DFB-Pokal: SSV Jahn Regensburg - 1.FC Magdeburg

Montag, 14.08.2023, 18:00 Uhr
Jahnstadion Regensburg

Es ist wieder Pokal-Zeit und für den 1. FC Magdeburg steht eine doppelte Premiere bevor: zum ersten Mal bestreitet der FCM ein Auswärtsspiel im DFB-Pokal und trifft erstmals auf einen unterklassigen Gegner. Doch statt eines Gastspiels bei einem Dorfverein oder einem traditionsreichen Viertligisten bescherte die Auslosung eine Destination, die noch unter den letzten Reisezielen im Navigationsgerät des Teambusfahrers gespeichert sein dürfte. Denn vor gerade einmal vier Monaten, am 27. Spieltag der Saison 2022/23, gastierten die Elbestädter letztmals beim SSV Jahn Regensburg.

Letztes Duell beim SSV Jahn: zwei Punkte verschenkt und Abwehrchef verloren
In jener Begegnung nahm der Gast von Beginn an das Heft in die Hand und legte dank einem direkten Freistoßtor von Baris Atik in der 10. Minute vor. Allerdings verpasste die Titz-Elf, das Ergebnis weiter auszubauen und stand sich nach im zweiten Abschnitt selbst im Weg. In einer skurrilen Co-Produktion vor dem eigenen Tor verursachten Silas Gnaka und Dominik Reimann den Ausgleich (52.). Blau-Weiß übernahm aber sofort wieder das Kommando und ging nach einem Abstauber von Daniel Elfadli erneut in Führung (80.). Das letzte Wort hatte jedoch der Gastgeber durch Kaan Caliskaner, der eine Unachtsamkeit in der Magdeburger Abwehr nutzte und den sicher geglaubten Dreier aus den Händen riss (89.). Zu allem Überfluss leistete sich der FCM in der hektischen Schlussphase einen weiteren Aussetzer, der Daniel Heber zu einer riskanten Grätsche zwang, für die er vom Platz gestellt wurde. Somit ließ der Club seinerzeit nicht nur zwei Punkte liegen, sondern musste für ein Spiel auf den bis dato in der Rückrunde bärenstarken Heber verzichten.

Blick auf den Gegner: Trennung von Selimbegovic nach fast vier Jahren
Der Punktgewinn brachte den SSV nicht voran, der auf dem Relegationsplatz stagnierte. Durch die nachfolgenden Niederlagen gegen Fürth, Sandhausen und Rostock sowie den Rückfall auf einen direkten Abstiegsrang wurde es auch für Trainer Mersad Selimbegovic eng. Nach knapp vier Jahren und 142 Pflichtspielen, die der langjährige Jahn-Verteidiger an der Seitenlinie stand und seinen Herzensverein jedes Mal zum Klassenerhalt führte, war sein Kredit aufgebraucht. Drei Spieltage vor Schluss übernahm Joe Enochs seine erste hauptamtliche Trainerfunktion bei einem Zweitligisten und kassierte bei seinem Heimdebüt eine bittere 1:5-Pleite gegen den Hamburger SV. Aufgrund des Bielefelder Sieges betrug der Abstand zum Relegationsplatz fast aussichtslose fünf Punkte.

Aufbäumen nach dem Trainerwechsel kommt zu spät
Die Mannschaft bewies jedoch Moral und kam nach einem frühen Rückstand in Braunschweig zu einem unerwarteten 2:1. Die Wahrscheinlichkeit, dem Abstieg von der Schippe zu springen, war vor dem letzten Spieltag aber nur noch theoretischer Natur. Beim finalen Auftritt im Unterhaus verkauften sich die Rot-Weißen vor heimischer Kulisse gegen den um den Aufstieg spielenden 1. FC Heidenheim so teuer wie möglich. Nach dem Seitenwechsel schnürte Toptorschütze Prince Osei Owusu sogar einen Doppelpack. Die routinierten Gäste ließen sich davon aber nicht unterkriegen, drehten in einem sensationellen Endspurt die Partie und durften im Stadion des designierten Absteigers den erstmaligen Einzug in die Eliteklasse feiern.

Ex-Trainer Beierlorzer kehrt als Sportchef zurück
Nach sechs Jahren als Zweitliga-Standort muss sich Regensburg nun in der 3. Liga neu orientieren. Um diese Herausforderung zu meistern, setzt die Vereinsführung auf einen Hoffnungsträger früherer Tage. Achim Beierlorzer, der den Jahn in der Saison 2017/18 bis auf den fünften Platz der zweiten Liga coachte, übernahm das Amt des Sport-Geschäftsführers. Aus dem Abstiegskader hielten vier Profis dem SSV die Treue, darunter Benedikt Saller, der schon 2017 in der Allianz Arena auf dem Platz stand, als der TSV 1860 München im Relegations-Rückspiel vor 62.200 Zuschauern mit 2:0 bezwungen und aus dem Unterhaus verdrängt wurde.

Ehemaliger Aufstiegsheld Geipl hilft beim Neuaufbau
Als einer seiner ersten Amtshandlungen gelang es Beierlorzer, einen weiteren Leistungsträger aus dem damaligen Aufstiegsteam zurück an die Donau zu holen. Andreas Geipl war bereits von 2014 bis 2020 für den Jahn aktiv und zog dann weiter nach Heidenheim. Ohne selbst dabei mitzuwirken, erlebte der aus dem Nachwuchs der Sechziger stammende Mittelfeldspieler Ende Mai an seiner alten Wirkungsstätte den Aufstieg des FCH und entschied sich kurz darauf, mit seiner Erfahrung aus 131 Zweitligapartien beim Wiederaufbau des SSV voranzugehen. Dabei ist er nicht der einzige routinierte Profi, der sich dem Team von Joe Enochs anschloss. Alexander Bittroff kann sogar auf 182 Zweitligaspiele zurückblicken und trifft in der ersten Pokalrunde gleich wieder auf seine ehemaligen Magdeburger Teamkollegen. Mit Florian Ballas steht ein weiterer im Unterhaus erprobter Abwehrrecke (173 Einsätze) in den Reihen des kommenden Gegners.

Huth und Ziegele wieder unter Enochs aktiv
Für die Offensive gewannen die Oberpfälzer Elias Huth, der nun wieder für den Trainer stürmt, unter dessen Leitung er in Zwickau seine erfolgreichste Zeit hatte (14 Tore in der Saison 2019/20). Ebenso vertraut mit Enochs ist Verteidiger Robin Ziegele, der dem 51-jährigen wenige Monate nach dessen Aus in Zwickau zur nächsten Station folgte. Flügelstürmer Agyemang Diawusie kann genau wie Huth eine dreistellige Anzahl an Drittligaspielen vorweisen. Linksaußen Dominik Kother hat mit seinen 23 Jahren jeweils 41 Einsätze in der zweiten und dritten Liga auf dem Konto und durfte schon dreimal für die deutsche U21-Auswahl auflaufen. Allesamt Akteure, die in der Lage sein sollten, den Jahn zumindest in der Liga zu stabilisieren.

Punkteteilung gegen Aufsteiger Unterhaching zum Auftakt
Im Übrigen setzt sich der fünftjüngste Kader der Liga (24,0 Jahre) aus vielen hoffnungsvollen Talenten zusammen. Das Tor hütet der vierfache U20-Nationalspieler Felix Gebhardt, der in der Vorsaison beim Halleschen FC überzeugte. Zudem schafften Linksverteidiger Bryan Hein und Sechser Rasim Bulic, die aus den Zweitvertretungen des Hamburger SV und des FSV Mainz stammen, den Sprung in die erste Elf beim Saisonauftakt. Die erste Standortbestimmung gegen Aufsteiger Unterhaching vor 11.081 Zuschauern endete 1:1. Der aus dem Abstiegskader verbliebene Christian Viet traf nach einer Flanke von Saller per Kopfball für das Heimteam, das vier Minuten später den Ausgleich hinnehmen musste. Zur Mitte der zweiten Halbzeit verließ Ziegele angeschlagen den Platz und wurde durch Bittroff ersetzt.

Regensburg als Elfmeter-Experten im DFB-Pokal
Am Mittwoch war der SSV in der zweiten Runde des Bayernpokals beim Siebtligisten TSV Langquaid gefordert und tat sich eine Halbzeit lang schwer, der Favoritenrolle gerecht zu werden. Nach einem 1:1-Pausenstand sorgte die Enochs-Elf aber schlussendlich noch für klare Verhältnisse und gewann 4:1. Das beste Resultat im DFB-Pokal erreichte der sechsfache bayrische Landespokalsieger in der Saison 2020/21. Damals erwiesen sich die Oberpfälzer als Spezialisten im Elfmeterschießen und beförderten die damaligen Drittligisten 1. FC Kaiserslautern und Wehen Wiesbaden sowie den Bundesligisten 1. FC Köln jeweils im Duell vom Punkt aus dem Wettbewerb. Erst im Viertelfinale war nach einem 0:1 gegen Werder Bremen Endstation. In der vergangenen Ausgabe schaltete Regensburg in der ersten Runde erneut den 1. FC Köln im Elfmeterschießen aus, nachdem man in der regulären Spielzeit bereits 2:0 geführt hatte. Daraufhin zog man jedoch gegen Ligakonkurrent Düsseldorf mit 0:3 klar den Kürzeren. Somit trifft Magdeburg auf einen Gegner, der schon einige Male als Favoritenschreck in Erscheinung trat.

Die Lage beim Club: Souveräner Heimauftakt im Nachbarschaftsduell
In dem mit viel Vorfreude erwarteten ersten Heimspiel der Saison gegen Braunschweig präsentierten sich die Hausherren vor einer neuen Rekordkulisse deutlich verbessert im Vergleich zum Holperstart gegen Wiesbaden. Durch zwei Tore stellte der FCM die Weichen schon in der ersten Halbzeit auf Sieg. Baris Atik spielte die Schlüsselpässe, Luca Schuler traf bereits im dritten Spiel am Stück und selbst Amara Condé zeigte sich vor dem Kasten als eiskalter Verwerter. Darüber hinaus kam Jean Hugonet als erster Neuzugang zu seinem Startelfdebüt in der neuen Saison und fügte dem Mittelfeld eine wertvolle kämpferische Note hinzu. Hinten heraus ließ die Titz-Elf die Zügel jedoch schleifen und offenbarte Luft nach oben, wenn es darum geht, eine klare Führung sicher über die Bühne zu bringen.

FCM-Pokalbilanz: Fünfmal Erstrunden-Aus in Folge
Die Pokalbilanz lässt beim Rekordsieger des FDGB-Pokals (7 Titel) zu wünschen übrig. Bei 17 Teilnahmen überstand er nur vier Mal die erste Runde. Das letzte Weiterkommen liegt bereits sechs Jahre zurück, als der FC Augsburg vor 21.641 Zuschauern durch Tore von Christian Beck und Tobias Schwede besiegt wurde. In der zweiten Runde gab Borussia Dortmund seine Visitenkarte im HKS ab und zeigte dem Drittligisten mit einem 0:5 klar die Grenzen auf. Seitdem hat der FCM fünf erfolglose Anläufe hinter sich, unterlag den klassenhöheren Vertretern SC Freiburg und Darmstadt 98 jeweils nach Verlängerung. Unter Titz steht bislang eine knappe Niederlage gegen St. Pauli (2:3) und eine deutliche Abreibung vom frischgebackenen Europa-League-Sieger Eintracht Frankfurt (0:4) zu Buche.

Zum ersten Mal geht der FCM als der höherklassige Vertreter in ein DFB-Pokalspiel. Diese Favoritenrolle fiel ihm bereits an den ersten beiden Spieltagen zu, wobei gegen Braunschweig eine Steigerung im Vergleich zur Vorwoche gelang. Eine genauso konzentrierte und konsequente Vorstellung ist auch am Montagabend nötig, um erstmals im Jahnstadion als Sieger vom Platz zu gehen und nach sechs Jahren endlich mal wieder die zweite Runde zu erreichen.